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69 Materielle Hilfe. - Berechnung der materiellen Hilfe, wenn der Sozialhilfeempfänger in einem gefestigtem Konkubinat lebt. Unzulässigkeit der Gleichstellung mit einem Ehepaar.
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 19. November 2003 in
Sachen V.G. gegen Entscheid des Bezirksamts R.
Aus den Erwägungen
2. a) aa) Das SHG (in der bis zum 31. Dezember 2002 gelten den Fassung) enthält keine explizite Regelung bezüglich der Berech nung des Sozialhilfeanspruches bei Konkubinatspartnern. Gemäss § 12 Abs. 1 SHG sind die Sozialbehörden allerdings nur zur Leistung materieller Hilfe verpflichtet, soweit der Hilfesuchende für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen mit gleichem Wohnsitz nicht hinreichend nicht rechtzeitig aus eigenen Mit teln aufkommen kann. Damit wird der Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe ausgedrückt. Soweit der Bedürftige gegenüber Ange hörigen Dritten einen klagbaren Anspruch auf Leistungen be-
sitzt, besteht demnach kein Anspruch auf Sozialhilfe. Sozialhilfeleis tungen sind aber auch subsidiär gegenüber Leistungen Dritter, wel che ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden (Entscheid des Bundesgerichts vom 24. August 1998 [2P.386/1997] in Sachen K., Erw. 3/c; Basellandschaftliche Verwaltungsgerichtsentscheide [BLVGE] 1998, S. 223; Richtlinien für die Ausgestaltung und Be messung der Sozialhilfe, herausgegeben von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe [SKOS-Richtlinien], Dezember 2000, Ziff. A.4). Im Konkubinatsverhältnis bestehen keine gesetzlichen Unter halts- Unterstützungspflichten. Für das Sozialhilferecht ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung - im Sinne einer widerlegbaren Vermutung - indessen davon auszugehen, dass sich die Partner eines stabilen Konkubinats gegenseitig unterstützen. Dies hat zur Folge, dass Einkommen und Vermögen des Konkubinatspartners bei einem gefestigten Konkubinat für die Beurteilung der Bedürftigkeit ange messen mitberücksichtigt werden darf (erwähnter BGE vom 24. August 1998, Erw. 3/c; vgl. auch BGE 129 I 6 f.; Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern 1993, S. 162). Von einem gefestigten Konkubinat ist auszugehen, wenn es mindestens fünf Jahre andauert (SKOS-Richtlinien, Ziff. F.5.1). bb) Diese Grundsätze haben Eingang in das ebenfalls vom Sub sidiaritätsgedanken geprägte SPG (§ 5 Abs. 1) bzw. den diesen kon kretisierenden § 12 SPV gefunden. Danach können einer unter stützten Person, welche in einer stabilen, eheähnlichen Beziehung lebt, die finanziellen Mittel des Partners ganz teilweise ange rechnet werden, sofern nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass die Beziehung keinen eheähnlichen Charakter aufweist. Beim Um fang der anzurechnenden finanziellen Mittel ist den konkreten Um ständen, insbesondere bestehenden Verpflichtungen, angemessen Rechnung zu tragen (Abs. 1). Eine stabile, eheähnliche Beziehung ist unter anderem dann anzunehmen, wenn seit mindestens 5 Jahren ein gemeinsamer Haushalt geführt wird (Abs. 2 lit. a). In dieser allge mein gehaltenen Formulierung ist diese Verordnungsbestimmung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu auch AGVE 1985, S. 120 ff.).
cc) Die fehlende rechtliche Unterhaltspflicht zwischen Konku binatspaaren verbietet aber aus Gründen der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) ein Abstellen auf die gleiche Berechnungsweise wie bei zusammenlebenden Eheleuten, da damit Ungleiches gleich behandelt würde. Die gegenteiligen Erläuterungen im Handbuch Sozialhilfe des Kantonalen Sozialdienstes (4. Auflage, August 2003, Kapitel 12, Rechtsprechung 1, S. 3), wonach bei einem gefestigten Konkubinat ein gemeinsames Budget unter Einbezug der Einkünfte und Vermö genswerte der nicht unterstützten Person zu erstellen ist, erweisen sich daher als unzulässig. Ihnen kommt - im Gegensatz zum SPG, der dieses ausführenden SPV und, soweit von Letzterer als massgeblich bezeichnet (§ 10), den SKOS-Richtlinien - ohnehin keine rechtser zeugende Wirkung zu; sie sind nur beachtlich, soweit sie dem for mell gesetzten Recht entsprechen dort klarerweise enthaltene Ermessenspielräume korrekt ausfüllen. dd) Im Ergebnis ist festzuhalten, dass bei einem gefestigten Konkubinat die tatsächliche gegenseitige Unterstützung vermutet wird. Die finanziellen Mittel des Konkubinatpartners dürfen - soweit zumutbar - angemessen angerechnet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Sozialhilfeansprüche nach SHG SPG zu beurtei len sind. b) Gemäss eigenen Angaben leben der Beschwerdeführer und sein Partner Z. seit über 20 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Es handelt sich um ein gefestigtes Konkubinat; entspre chend ist davon auszugehen, dass sie sich gegenseitig unterstützen. Diese Vermutung vermögen die durch nichts belegten Behauptungen des Beschwerdeführers, der eine Unterstützung durch Z. verneint, nicht umzustossen. Ganz im Gegenteil zeigt die fehlende Deklaration von Mietzinseinnahmen durch Z., dass er den Beschwerdeführer kostenlos in seiner - nach den gegebenen Umständen im Hinblick auf das weitere Zusammenleben zu zweit erworbenen - Eigentumswoh nung wohnen lässt und ihn insoweit unterstützt. Für eine tatsächliche Unterstützung sprechen im Weiteren auch die finanziellen Verhält nisse von Z. Er deklarierte in den Jahren 1999/2000 ein Reinein kommen von ... Bei solchen finanziellen Verhältnissen ist eine Un terstützung des Konkubinatspartners durchaus zumutbar.
c) Soweit auf Grund der Verhältnisse eine finanzielle Unter stützung durch den Konkubinatspartner zumutbar ist, ist zu deren Berechnung auf die von ihm effektiv zu tragenden Ausgaben abzu stellen. Bei der Bedarfsrechnung darf dabei nicht nur ein Grundbe darf nach Sozialhilfegrundsätzen (§ 10 SPV i.V.m. SKOS-Richtli nien, Ziff. B.2) eingesetzt werden, denn der nicht unterstützungsbe dürftige Konkubinatspartner muss sich nicht auf einen Lebensstand ard nach Sozialhilfegrundsätzen beschränken. Diesem Umstand ist durch die Berücksichtigung eines im Einzelfall festzulegenden Zu schlags Rechnung zu tragen. Anders entscheiden würde im Ergebnis zu einer Gleichstellung mit Ehepaaren führen und die finanziellen Mittel des Konkubinatspartners über den zumutbaren Rahmen hinaus berücksichtigen. d) (...) e) Wie bereits ausgeführt, stellt Z. dem Beschwerdeführer die Unterkunft unentgeltlich zur Verfügung. Entsprechend sind beim Bedarf des Beschwerdeführers keine Wohnungskosten zu berück sichtigen, weshalb sich weitere Ausführungen zu deren Angemes senheit erübrigen. Zusätzlich vom in Geld vorhandenen Überschuss von monatlich Fr. 1'224.-- rund 1/5 dem Beschwerdeführer als eigene Mittel zuzurechnen, hält sich klar im Rahmen des Zumutbaren und ist offensichtlich nicht übersetzt.